Mittwoch, 16. Mai 2007

Erstes Kopfschütteln heute

Folgendes eben bei BoingBoing gelesen: Julie Amero (40) ist Lehrerin aus Connecticut, substitute teacher, also in erster Linie zur Vertretung, dürfte wohl dem Status einer Springkraft hierzulande ähnlich sein. Die Frau steht derzeit vor Gericht. Ihr wird vorgweworfen, ihren Schülern pornografische Bilder gezeigt zu haben, was im Kern wohl auch nicht ganz falsch ist. Während einer Präsentation ist auf einem Schulrechner ein Popup auf den Bildschirm gesprungen, mit entsprechendem Inhalt. Was nun als pornographisch gilt, will ich in diesem Zusammenhang nicht wissen, bei den Amis würde ein blanker Mops schon reichen. Fakt ist aber wohl, dass es sich um einen mit Ad- und/oder Malware verseuchten Rechner handelt, der zudem der Schule, und nicht der Lehrerin gehört.
Der armen Frau Vorsatz zu unterstellen ist in etwa so realistisch wie eine nüchterne Paris Hilton. Ich würde einfach drauf tippen, dass die Admins gepennt haben, sofern die Schule über Administratoren verfügt und die Rechner aus Kostengründen nicht in Eigenregie wartet. Das ist aber auch völlig egal, die Tatsache, dass die Lehrerin sich überhaupt vor Gericht veranworten muß, bestätigt das Bild des nach einem Sündenbock schreienden Pöbels, der bis vor Kurzem noch mit Heugabeln und Fackeln, in blutlechzender Manier durch die Dörfer marodiert und erst Ruhe gibt, wenn der erstbeste Schuldige am nächsten Baum baumelt. Jedes halbwegs intakte Gerechtigkeitsempfinden sollte in der Lage sein Frau Amero als Opfer zu identifizieren und nicht als Täter.

Völliger Wahnwitz sind auch die potentiellen Strafen, die im schlimmsten Fall verhängt werden dürfen. Da ist die Rede von vier Jahrzehnten Knast oder zigtausend Dollar Strafe, im günstigeren Fall. Als Bonus gibt es noch die Option auf den Status sex offender, welcher dann auch umsonst auf Seiten wie mapsexoffenders oder familywatchdog gehostet wird, super. Der Pranger der Neuzeit, sehr fragwürdig. Eventuell würde ich als Vater anders denken, und solch einen Service befürworten. Dieser Fall jedoch bringt ein sehr gutes Gegenbeispiel. Gute Güte, ich finde das Interface von familywatchdog sieht eher aus wie eine Kontaktbörse für Triebtäter. Finden Sie Gleichgesinnte in Ihrer Umgebung, zusammen spannen, gemeinsam einsamen *ouch*. Das soll hier nicht mißverstanden werden, ich halte eine deftige Bestrafung für legitim, wenn die Schuldfrage unzweifelhaft geklärt ist. Klar, ich höre schon das Standardargument, dass schärfere Strafen keine abschreckende Wirkung haben und auch der Resozialisierung nicht dienlich sind. Darum geht es mir aber auch nicht, Triebtäter, die sich nicht im Griff haben und ihre Chancen schon durch Rückfall verschlechtert haben, gehören weggesperrt, um den Rest der Gesellschaft zu schützen, so einfach ist das.

Was eine Verurteilung für den Lehrerjob bedeutet liegt auf der Hand. Ich würde alles was nach Rechner riecht achtkantig aus meinem Klassenzimmer werfen und Taschenrechner zertrümmern (evtl. tippt jemand 8008 und erkennt Boobs *giggedi*), der gute alte Abakus tut es schließlich auch. Schon erstaunlich, mit welch einem Manko an Technik-Affinität in Zeiten von Internet, Handy, totaler Vernetzung entscheidungsrelevante Positionen besetzt sind, das gilt nicht nur für die Staaten, das ist hier vor der eigenen Haustür nicht besser. Es ist aber auch nicht leicht in einer Welt zu leben, in der kleine Zauberkästchen mit fremden Stimmen zu mir sprechen, große magische Behältnisse existieren, in denen viele kleine Menschen hausen, von denen ich bis heute nicht weiß, wie die da reingekommen sind und vor allem wie viele da reinpassen, erstaunlich. Die Enge da drinnen scheint sich aber negativ auf die Intelligenz auszuwirken. Teufelswerk sind auch die Kutschen, die sich ohne Pferde, wie von Geisterhand gezogen bewegen. Eventuell sollte ich sofort damit beginnen, die Lenker dieser satanischen Höllenmaschinen zu verklagen, bevor Unglück seinen Lauf nimmt. Schon seit Wochen traue ich mich nicht mehr aus dem Haus, seitdem ich mit eigenen Augen sah, wie ein hell-glänzendes Ungetüm sich in die Lüfte emporschwang um, unter infernalischem Getöse gen Sonne zu fliegen, ich vermute es handelt sich um eine besonders gefährliche Drachenart.

So, genug gekaspert fürs Erste, ich will Kaffee. Und ich hoffe um der Amero willen, dass die Knippköppe noch rechtzeitg zur Besinnung kommen und sich darüber klar werden, was für eine Farce dort vom Zaun gebrochen wurde. Das andauernde Aufschieben des Gerichtstermins läßt zumindest eine tendenzielle Unsicherheit erkennen, ich drücke der Julie die Daumen.

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