Samstag, 9. Juni 2007

Identifikationsnummern Für Alle

Eben bei Heise gelesen. Jeder Bürger bekommt seine eigene Kennziffer, die werden dann zentral verwaltet, bzw. alle vorhanden Daten gesichtet und in einen sauberen Datenbestand zusammengeführt, ohne Redundanz und/oder Karteileichen, so wie sich das gehört. Im Sinne deutscher Verwaltungs-, Regulierungs- und Überwachungswut Ordnung und Präzision. Nicht so wild, könnte man meinen, gibt es doch schon in Form der Personalausweisnummer. Diese ist aber mit weniger Informationen über den Bürger verknüpft (noch) und wird nicht weitere 20 Jahre nach Ableben des Bürgers gespeichert, wie es für die neue ID geplant ist. Ab Oktober sollen die ersten Bürger bestempelt Nummern verteilt werden. Ein weiterer Schritt in Richtung 1984, oder nur my very own paranoia?

Die Existenz einzelner Informationsfragmente über ein Individuum mag nur beschränkt zu Kontroll- und Überwachungszwecken nutzbar sein, das Potential dieser noch verteilten Informationen erschließt sich erst aus der Zusammenführung und Neubildung diverser Kontexte. Besteht eine solche Universaldatenbank erstmal, läßt sich diese auch beliebig erweitern und wenn ich mir die Entwicklung der letzten Zeit vor Augen halte wird dies auch höchstwahrscheinlich passieren. Stück für Stück, so dass nicht allzuviel Widerstand auf einmal zu erwarten ist. Ich befüchte ein allmähliches, von Seiten der Regierung forciertes, Aufweichen der Privatsphäre, ähnlich wie es derzeit schon, mehr oder minder subtil, passiert. Um nicht mißverstanden zu werden: Ein gewissen Quantum an Kontrollmechanismen muß einer Regierung zugestanden werden, um sie nicht total handlungsunfähig in Hinblick auf Verbrechensbekämpfung werden zu lassen. Und genau darin liegt die Schwierigkeit, wieviel Kontrolle und Überwachung ist hier angemesen? Die schäubleschen Wunschvorstellungen sprengen diesbezüglich bei weitem den Rahmen. Die Vorstellung terroristische Aktivitäten mit solchen Mitteln einzudämmen oder gar zu verhindern ist illusorisch. Abgesehen davon, dass Verbrechens- und Terrorbekämpfung nur allzugern in einen Topf geschmissen werden, der Zweck heiligt die Mittel.

Ich versuche mich mal eben in einen überwachunsgeilen Kontrollfreak zu verwandeln. Was würde ich tun? Die ID-Datenbank würde zuerst angefüllt mit diversen Querverweisen in Richtung Schufa, Verkehrsbehörde, Bildungsinstitutionen (was hat der potentielle Terrorist gelernt/studiert), Krankenkassen und überhaupt alle Datenbestände, die irgendwie mit der entsprechenden Person zu tun haben. Die ISPs zwinge ich dazu noch mehr Daten zu sammeln und diese auch länger zu speichern, machen wir da auch gleich 20 Jahre draus, Massenspeicher ist billig. Bundestrojaner und Trace-Cookies, die ich in Verbindung mit diversen Werbefirmen optimieren lasse, zeigen mir nicht nur was die Zielperson auf dem heimischen Rechner hat, sondern auch alle Bewegungen im Internet. Mails werden grundsätzlich mitgelesen und, wie gehabt, nach Schlüsselwörtern durchsucht, dass Verschlüsselung verboten wird versteht sich von selbst. Gleiches gilt für Telefongespräche. Ich darf zu jeder Zeit die Zielperson per Handy-Ortung ausfindig machen und muß nicht erst um Erlaubnis fragen, ich werde schon meine Gründe haben. Die gefundenen Koordinaten werden gleich an den nächsten Satelliten weitergegeben, um mit hochauflösenden Million-Bazillion Gigapixel Bildern der Zielperson versorgt zu werden, in Echtzeit und Kooperation mit Google Earth. Die Gründe für eine Wohnungsdurchsuchung werden um eine Wilkürklausel erweitert, ich darf wann ich will und wem ich will die Tür durch die Bude treten, um allen möglichen Kramz zu beschlagnahmen, sicher ist sicher.
Die renitenten Linuxhacker werden alle prophylaktisch in ein eigenes Sicherungslager gekarrt, Guantanamo-Style, was die Amis haben, will ich auch. Falls ich denen nichts nachweisen kann, mache ich sie zu Mitgliedern einer Sekte, wie hieß die noch? Fiat Linux, oder so ? Die wird natürlich zur terroristischen Vereinigung erklärt. Wäre ja noch schöner, wenn die den Regierungsprogrammierern wieder das Leben schwer machen, alles Cyber-Terrors. Für den Fall das der Eine oder Andere Nörgelmors auf die Idee kommt auszuwandern, verbiete ich das auch unter Berufung auf das von mir geschaffene Terroristen-Reimportverbot.
Jeder PKW wird mit ab Serie mit einer Blackbox ausgestattet, knorke Idee aus der Luftfahrt, und kann per Satellit notfalls deaktiviert werden, es gibt da doch schon eine Diebstahlsicherung, die bei Bedarf die ganze Elektronik der Karre lahmlegt. Auf allen Flügen, egal ob interkontinental oder nicht, werden die Passagiere angehalten Badeklamotten einzupacken, in Badeanzug/Badehose lassen sich weniger Bomben und Waffen verstecken.

Whatever, ich werde mich nun eine Runde unter den Tisch kauern und ein wenig hin und her wippen, das soll ja beruhigend wirken. Muß mir nur noch das intervallartig herausbrechende, hysterische Kichern verkneifen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Mir macht Sorgen, dass die Verletzugnen der Privatsphäre durch den Staat und die Aushöhlung der informationellen Selbstbestimmung des Bürgers von vielen Menschen als Kavalliersdelikt gesehen werden.

Wie oft höre ist: "Von mir aus kann der Staat gerne alles über mich wissen, ich lass mir ja nichts zu schulden kommen" und "Wenn es unserer Sicherheit dient, sollen ruhig ein paar mehr Daten erfasst werden" oder "Wenn das Gesundheitssystem dadurch effizienter wird, kann das doch nicht schaden" usw.

Vielen ist nicht klar, dass damit ein Selbstläufer in Bewegung gebracht wird, der sich irgendwann nicht mehr stoppen lässt. Wer dann was mit diesen Informationen macht, wer auf Grund irgendwelcher obskuren Profiling-Verfahren dann einmal wen als "gefährlich" oder "schädlich" ausfiltert, wird sich kaum steuern lassen.

Das ist übrigens keine Scince Fiction, das hat es in den ehemaligen totalitären Staaten alles schon gegeben.

Und wenn nun einer glaubt, dann kann uns ja nichts passieren, wir leben ja in einer Demokratie, dann kann ich nur antworten: Jede neue Überwachungs-, Protokollierungs- und Sicherheitsmethode höhlt die Demokratie aus. Ganz sicher.

Chilli hat gesagt…

Das "Ich-habe-nichts-zu-verbergen" Argument, sowie der Terrorabwehr-Tarnmantel leisten ganze Arbeit, das ist wahr.
Mir persönlich geht es vergleichweise simpel auch darum, dass ich das Gefühl permanenter Beobachtung als äusserst unangenehem empfinde, abgesehen vom Recht auf Privatsphäre.